Zu den angekündigten französischen Atomwaffentests hat das Präsidium der SPD die folgende Erklärung verabschiedet:
Das Präsidium der SPD fordert den Bundeskanzler auf, seinen Einfluß geltend zu machen, um den französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac zu einem Verzicht auf die Wiederaufnahme französischer Atomwaffentests im Südpazifik zu bewegen. Die Wende in der Haltung zu den Atomwaffentests ist ein Schlag gegen die Bemühungen um eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik.
Gerade die Freunde Frankreichs erwarten eine Rückkehr zur Haltung des ehemaligen Präsidenten Mitterrand, der erst 1994 erklärt hat: ,Frankreich will die Welt nicht beleidigen, indem es den nuklearen Rüstungswettlauf antreibt. Ich habe Vertrauen in meine Nachfolger. Sie werden nicht anders handeln können."
Mit der Wiederaufnahme der Atomtests gefährdet Frankreich die Gesundheit der Menschen zahlreicher Inseln im Südpazifik, verseucht die Umwelt und belastet überdies die laufenden Verhandlungen für ein vollständiges weltweites Verbot der Atomwaffenversuche und für das Verbot der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen. Länder, die bisher noch gezögert hatten, eigene Atomwaffenarsenale aufzubauen, könnten dies zum Anlaß nehmen, ihre noch bestehende Zurückhaltung aufzugeben. 50 Jahre nach der atomaren Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki und 25 Jahre nach Inkrafttreten des Atomwaffensperrvertrages stellt die Entscheidung des französischen Präsidenten eine offene Provokation der Staaten dar, die am 11. Mai dieses Jahres einmütig den Atomwaffensperrvertrag verlängert und damit die Erwartung einer Verlängerung des Testmoratoriums verbunden haben. Entsprechend empört sind die Reaktionen in den meisten Ländern der Welt. Die Bundesregierung sollte nicht so tun, als ginge sie dieser fatale Beschluß unseres wichtigsten europäischen Partners und Verbündeten nichts an. Der Beschluß Chiracs und die gleichgültige Haltung der Bundesregierung erschweren die weiterhin notwendigen Schritte zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik in Europa. Es muß jetzt alles getan werden, damit die anderen Atommächte ihr Moratorium aufrechterhalten. China und Frankreich müssen ihre Versprechen einlösen, sich an dem atomaren Rüstungskontroll- und Abrüstungsprozeß zu beteiligen, das sie noch vor wenigen Wochen feierlich anläßlich der Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York abgegeben haben.
Abgeordnete gegen Atomtests
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende und europapolitische Sprecherin der SPD, Heidemarie Wieczorek-Zeul, wird sich an einer Protestfahrt gegen die geplanten französischen Atomwaffentests beteiligen, die neuseeländische und australische Parlamentsabgeordnete Ende August und Anfang September im Südpazifik veranstalten. ,Die geplanten französischen Atomwaffentests werden überall in Europa verurteilt", erklärte Frau Wieczorek-Zeul. ,Das muß auch für die betroffenen Menschen im Südpazifik deutlich werden." Als europapolitische Sprecherin der SPD wolle sie dazu beitragen, daß sich möglichst viele europäische Parlamentarier an der Protestfahrt beteiligen. ,Wir Europäer stehen für eine andere europäische Außenpolitik. Wir halten die geplanten französischen Atomwaffentests für Wahnsinn und unterstützen die, die sie verhindern wollen.
"Zitat:
Hans Eichel,
Ministerpräsident Hessen:
,Ich appelliere an die Französische Regierung, auf die Atomwaffentests zu verzichten. Sie stellen eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Menschen in der Region und für die Umwelt dar. Sie geben außerdem in einer Zeit, in der die europäische Politik um eine neue Friedensordnung in Europa und der Welt ringt, ein falsches politisches Signal.
"Zitat:
Johannes Rau,
Ministerpräsident NRW
Gegenüber besorgten Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit Briefen an den Ministerpräsidenten gewandt hatten, erklärte Johannes Rau: ,Es darf keine weiteren Atomversuche geben. Wir brauchen ein Teststoppabkommen, das nicht nur die Zündung von Atombomben im Weltraum, in der Atmosphäre und unter Wasser, sondern auch unter der Erde verbietet. Ich hoffe sehr, daß der internationale Druck von Bürgern und Regierungen in Paris zur Einsicht führt und den französischen Präsidenten veranlaßt, auf die geplante Testserie zu verzichten. Die Entscheidung von Präsident Chirac ist falsch. Er sollte sie zurücknehmen."