http://www.urz.uni-heidelberg.de/uni/rech/A/I/3/ (Einblicke ins Internet, 10/1995)
3. Die Novellierung des Hochschulrechts
3.1 Universitätsgesetz Baden-Württemberg
Die Diskussionen über die Novellierung des baden-
württembergischen UG (vgl. dazu schon Rechenschaftsbericht
1993/94 S. 10 ff.) fanden mit der Verabschiedung der Novelle
durch den Landtag im Dezember 1994 ihren Abschluß. Dabei kam es
gegenüber dem Entwurf des MWF als Grundlage für die Anhörung
der Universitäten zu keinen nennenswerten Änderungen.
Insbesondere wurde an der - vom Senat der Universität
Heidelberg mehrheitlich gebilligten - Stärkung der
Exekutivorgane Rektor und Dekan, an der Einführung eines
Aufsichts- und Weisungsrechts dieser Organe gegenüber den
Hochschullehrern in Fragen der Lehre, an der Berufung von
Studiendekanen und an der Einrichtung paritätisch besetzter
Studienkommissionen auf Fakultätsebene festgehalten. Zur
Vermeidung überlanger Studienzeiten ist vorgesehen, das
Prüfungsverfahren zu straffen, den "Freiversuch" auf alle
hierfür geeigneten Fachprüfungen auszudehnen sowie den
beliebigen Studienfachwechsel zu beschränken, während sich für
die Einführung von sog. Bildungsgutscheinen, durch die das
kostenlose Studium zeitlich begrenzt werden sollte, ein Konsens
in der großen Koalition nicht finden ließ.
Auch wenn aus der Sicht des Rektorats und der
Senatsmehrheit die genannten Novellierungsschritte im Grundsatz
zu begrüßen waren, hat der Senat gegen die Art und Weise der
Reformdiskussion doch zu Recht Protest eingelegt. Der Protest
richtete sich nicht nur dagegen, daß die große Mehrzahl der vom
Senat in einer sorgfältig erarbeiteten Stellungnahme
aufgeführten, überwiegend redaktionellen Änderungswünsche vom
MWF ohne Angabe von Gründen übergangen wurden. Vielmehr bezog
er sich vor allem auf die Weigerung der großen Koalition im
Stuttgarter Landtag, die von vielen Seiten geforderte
parlamentarische Anhörung durchzuführen, wie sie zumal bei
derart einschneidenden Gesetzesvorhaben gutem parlamentarischem
Brauch entspricht. Dadurch war es auch nicht möglich, im
Landtag auf die schwerwiegenden Bedenken der Universitäten
gegen die Ausdehnung der Promotionszulassung auf Absolventen
der Berufsakademien und gegen die Eröffnung des
Hochschulzugangs für Berufstätige ohne jede Eingangsprüfung
hinzuweisen. Folge dieses Versäumnisses wird sein, daß sich die
Auseinandersetzungen über diese nach wie vor höchst
umstrittenen Regelungen in die Phase des Gesetzesvollzugs
verlagern.
Auch abgesehen hiervon bleiben die Erfahrungen mit dem
novellierten Hochschulrecht abzuwarten. Für Heidelberg werden
die wesentlichsten Änderungen - vorbehaltlich der Neuordnung
der Amtsmitgliedschaften in der fusionierten Medizinischen
Fakultät Heidelberg - in der Einführung von Studiendekanen und
Studienkommissionen zu Beginn des WS 1995/96 sowie in der
Zentralisierung des Prüfungswesens durch Schaffung zentraler
Prüfungsämter für die Bereiche der Geistes- und
Sozialwissenschaften bzw. der Naturwissenschaften bestehen.
Außerdem wird zu prüfen sein, ob und welche Konsequenzen sich
für die Entscheidungen des Verwaltungsrats aus der Neuregelung
des § 24 Abs. 2 S. 3 UG ergeben, wonach künftig Dekan und
Studiendekan die der Fakultät zuzuweisenden laufenden Mittel
für die Lehre verteilen.
3.2 Hochschulrahmengesetz
Nachdem die neue Bundesregierung in der
Regierungserklärung des Kanzlers ihre Bereitschaft bekundet
hat, in Diskussionen über Änderungen des HRG einzutreten, hat
der Vorstand der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg die
Gelegenheit eines Besuches bei den baden-württembergischen
Bundestagsabgeordneten der CDU und der SPD benutzt, solche
Änderungen anzuregen. Dabei geht es vor allem um die Schaffung
größerer Spielräume für den Landesgesetzgeber zur Stärkung der
Autonomie der Universitäten und um die Gewährung eines
Mitspracherechts der Universitäten bei der Auswahl der
Studierenden. Im einzelnen wurden den Abgeordneten vor allem
die folgenden Änderungswünsche vorgetragen:
- den Universitäten sollte in § 27 Abs. 2 HRG die
Möglichkeit eröffnet werden, für die Einschreibung zu
bestimmten Studiengängen die hierfür erforderliche
Mindestqualifikation zusätzlich zur allgemeinen Hochschulreife
vorzuschreiben (z.B. das Erfordernis des Latinum für das
Studium der Altphilologie).
- Im Fall eines bundesweiten Numerus Clausus sollte in § 32
HRG das Recht der Universitäten aufgenommen werden, einen
zunehmenden Teil der Studienbewerber nach autonom festgelegten,
insbes. fachspezifisch bedingten Kriterien auszuwählen.
- Für Fälle eines örtlichen Numerus Clausus sollte den
Universitäten darüber hinaus generell das Recht eingeräumt
werden, die Kriterien für die Zulassung der Bewerber in einer
dem Gleichheitsgrundsatz Rechnung tragenden Weise festzulegen.
- Im HRG sollte verbindlich geregelt werden, daß in
Fächern, deren Studium als Fortsetzung von Schulfächern
angesehen werden kann, erste Teile der Zwischenprüfung bereits
nach einem Jahr abzulegen sind.