hide random home http://www.urz.uni-heidelberg.de/uni/rech/B/VII/3/ (Einblicke ins Internet, 10/1995)

3. Rechenzentrum

Die DV-Versorgung der Universität baut auf einer hierarchischen Struktur mit verschiedenen Versorgungsebenen auf. Das Konzept sieht dezentral am Arbeitsplatz den Einsatz von Workstations und Personal Computern vor, die an den Instituten in lokale Netze mit Servern eingebunden sind. Universitätsweit unterstützen und ergänzen ein zentrales flächendeckendes Kommunikationsnetz und zentrale Server die dezentralen Arbeitsplatzrechner und Server. Im Berichtsjahr konnten Universität und Rechenzentrum sowohl die dezentralen als auch die zentralen Komponenten der Versorgungsstruktur ausbauen. Dabei verlagerte sich der Aufgabenschwerpunkt des Rechenzentrums noch weiter vom Betrieb des zentralen Netzes und der zentralen Server hin zur Unterstützung der Nutzer von dezentralen Arbeitsplatzrechnern und lokalen Netzen.
3.1 Kommunikationsnetz
Das universitätsweite Kommunikationsnetz stellt in der Universität die Verbindung dezentraler Arbeitsplatzrechner untereinander und mit zentralen oder lokalen Servern sicher und ist somit eine wesentliche Voraussetzung des Versorgungskonzepts. Die beiden Bestandteile des universitätsweiten Netzes sind zum einen die lokalen Hausnetze in den Instituten bzw. Institutsbereichen und zum anderen ein Hochgeschwindigkeits-Backbone, der für die Verbindung aller lokalen Instituts- bzw. Bereichsnetze sorgt.

Als Backbone des Kommunikationsnetzes dient in Heidelberg ein FDDI-Ring mit einer Übertragungsrate von 100 Mbit/sec. Die für den Backbone nötigen Glasfaserstrecken zwischen den räumlich getrennten Universitätsarealen werden von der DBP Telekom angemietet. Die erste Ausbaustufe des Ringes ist seit Ende 1992 zwischen dem Campusgebiet im Neuenheimer Feld und den Physikeinrichtungen in Neuenheim und am Philosophenweg in Betrieb. Ende 1993 wurde mit Aufbau der zweiten Stufe des Ringes begonnen. Im Berichtsjahr konnten alle Universitätsareale in der Altstadt mit FDDI-Routern versorgt und an den Ring angeschlossen werden. Da auch fast alle außeruniversitären wissenschaftlichen Einrichtungen, die nach der Planung Zugang zum Ring erhalten sollten, einen Anschluß erhielten, ist der Aufbau des Backbones im wesentlichen abgeschlossen.

Bei der Kommunikationsvernetzung wird im Land zwischen aktiven und passiven Komponenten der Vernetzung unterschieden. Für die aktiven Komponenten (Geräte zum Betrieb des Netzes) sind die Rechenzentren, für die passiven Komponenten (Verkabelung und zugehörige Baumaßnahmen) die Bauämter verantwortlich. Die baulichen Maßnahmen zur Vernetzung der an den Ring angeschlossenen Institute bzw. Institutsbereiche werden daher vom Bauamt in enger Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum und der zentralen Universitätsverwaltung geplant und ausgeführt.

Das Rechenzentrum konnte im Berichtsjahr über einen "HU- Geräte Antrag" aktive Komponenten im Wert von 0,8 Mio DM beschaffen. Im Altstadtbereich wurden die Mittel für die FDDI- Router in den neu angeschlossenen Arealen sowie für Geräte zur Anbindung von Gebäuden in diesen Arealen benötigt. Hinzu kamen Komponenten für Maßnahmen im Neuenheimer Feld, wo die bereits vorhandene Vernetzung ergänzt und verbessert wurde. Wie schon im Vorjahr reichten die im Bauhaushalt verfügbaren Mittel leider nicht aus, um in den bereits an den Ring angeschlossenen Arealen mit einer Vollverkabelung von Gebäuden zu beginnen. Es konnten meist nur die Anbindungen der Gebäude an die Router realisiert und bereits vorhandene Hausnetze angeschlossen werden. Im Verlauf der kommenden Jahre plant das Bauamt nunmehr, die Vollverkabelung der Gebäude in der Altstadt und im Neuenheimer Feld flächendeckend in Angriff zu nehmen.

Zentrale Zugänge zum Universitätsnetz wurden im Berichtsjahr durch zusätzliche Modems für das Telefonnetz weiter ausgebaut und für das ISDN-Netz neu eingerichtet. Hierdurch werden Wissenschaftlern und Studenten bessere Möglichkeiten geboten, von zu Hause aus dezentrale und zentrale Systeme sowie das Kommunikationsnetz zu nutzen.

Zentrale Ausgänge eröffnen aus dem Universitätsnetz den Zugang zu den Wissenschaftsnetzen im Land (BelWue), in der Bundesrepublik (WIN) und in der ganzen Welt (Internet). Als Ausgang zu all diesen Netzen wird ein 2 Mbit-WIN-Anschluß genutzt, der im Berichtsjahr erneut durch zweckgebundene Verstärkungsmittel des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung unterstützt wurde. Im WIN waren 1994 auch für Heidelberger Nutzer gravierende Engpässe zu verzeichnen, deren Behebung vom DFN-Verein wiederholt ohne Erfolg bei der DBP Telekom angemahnt wurde.
3.2 Zentrale Systeme
In der hierarchischen Versorgungsstrukur werden individuelle Arbeiten weitgehend auf nutzereigenen dezentralen Arbeitsplatzrechnern erledigt, während zentrale Server den Spitzenbedarf bei hohen Leistungsanforderungen abdecken, als Überlaufkapazitäten bei hohen Speicheranforderungen dienen, sowie für Datensicherung und -archivierung zur Verfügung stehen. Daneben müssen in zentralen Pools genügend Arbeitsplätze für Studenten bereitgestellt werden - und auch für Wissenschaftler, solange dezentrale Rechner nicht in ausreichender Zahl an allen Arbeitsplätzen vorhanden sind.

Für die zentralen Anlagen des Rechenzentrums sieht das Ver-sorgungskonzept der Universität die Abkehr von proprietären Systemen und den Einsatz zentraler Server unter dem UNIX- Betriebssystem vor. Da dieses Betriebssystem auch auf fast allen leistungsfähigen Workstations eingesetzt wird, können die Nutzer dieser dezentralen Workstations die unter UNIX angebotenen zentralen Kapazitäten und Funktionen ohne Änderung ihrer gewohnten Arbeitsumgebung benutzen.

Seit Anfang 1992 wird dieses Konzept schrittweise verwirklicht. Zu den beiden IBM-Universalrechnern traten mehrere UNIX-Systeme, die als Compute-Server für rechenintensive Probleme, als File-Server zur Speicherung von Nutzerdaten, als Server für Kommunikationsdienste, sowie als Terminal-Server für den Dialogeinsatz benutzt werden. Alle Server sind zu einem Cluster mit einheitlicher Benutzerverwaltung und einheitlichem Dateisystem zusammengefaßt; der Zugang zu diesem Cluster ist von den öffentlich aufgestellten X-Terminals im Rechenzentrum und über TCP/IP von allen ans Netz angeschlossenen, dezentralen Arbeitsplatzrechnern aus möglich.

Eine wichtige Rolle im Gesamtkonzept spielt neben den zentralen Servern das automatische Kassettensystem, das die Speicherung eines hohen Datenvolumens gestattet und zur Sicherung und Archivierung von Daten eingesetzt wird, die entweder auf dem zentralen Cluster des Rechenzentrums oder aber auch auf dezentralen Arbeitsplatzrechnern oder Servern gespeichert sind.

Im Sommer 1993 wurde der weitere Ausbau der zentralen Systeme beantragt und zu Beginn 1994 als HBFG-Maßnahme genehmigt. Damit konnten im Berichtsjahr u.a. ein leistungsfähiger Compute-Server und zwei File-Server mit ca. 70 Giga-Byte Plattenspeicher in Betrieb genommen, sowie der Anschluß des Kassettensystems an die UNIX-Server realisiert werden. Beim Kassettensystem wurde durch Laufwerke neuer Technologie die Speicherkapazität auf über 5 Tera-Byte erhöht. Wichtig war auch, daß Referenzsysteme aller fünf Workstation- Plattformen beschafft werden konnten, für die das Rechenzentrum innerhalb der Universität eine vertiefte Unterstützung bei Betrieb und Betreuung anbietet.

Für die Nutzung der zentralen Anlagen waren über 4500 Benutzer zugelassen. Im folgenden sind die statistischen Daten für die Nutzung der zentralen Systeme dargelegt, die im Jahr 1994 rund um die Uhr für Benutzer einsatzbereit waren; sie wurden in zwei Schichten täglich von Operateuren überwacht, die restliche Zeit ohne Bedienungspersonal betrieben.

Die Inanspruchnahme der zentralen UNIX-Server steigerte sich auch im Jahr 1994. Auf den UNIX-Servern vom Typ IBM RS/6000 konnten 17.300 Stunden CPU-Zeit (normiert auf ein Modell 590) abgerechnet werden, verglichen mit 11.200 Stunden im Jahr 1993. Auch auf der VM-Anlage IBM 4381 stieg die abgerechnete CPU-Zeit auf 5454 Stunden an; dies war durch die verstärkte Datensicherung und -archivierung im UNIX-Cluster bedingt, die noch auf dem VM-System erfolgte. Die Nutzung der MVS-Anlage dagegen nahm erwartungsgemäß ab; auf der Anlage IBM 4381 wurden 9200 CPU-Stunden abgerechnet, was weniger als der Hälfte der im vorigen Jahr auf der damals leistungsfähigeren MVS-Anlage abgerechneten CPU-Zeit entspricht. Der Umtausch des unter MVS betriebenen Systems in ein kleineres System, der zur Einsparung von laufenden Kosten Ende 1993 vorgenommen wurde, war also voll gerechtfertigt.
3.3 Dezentrale Arbeitsplatzrechner
Obwohl die Mehrzahl der vorhandenen Personal-Computer und UNIX-Workstations durch die Beschaffung einzelner Systeme aus Haushaltsmitteln und Drittmitteln in die Universität gelangt, kommt der Beschaffung über das "CIP/WAP-Programm", die aus zentralen Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung gefördert werden, nach wie vor Bedeutung zu.

Im Sommer 1993 wurden der Universität erneut Mittel für das CIP/WAP-Programm zugewiesen. Daraufhin wurden von der Universität 4 Anträge für neue CIP-Pools, 4 Anträge für die Erneuerung vorhandener CIP-Pools sowie 10 Anträge für WAP- Cluster eingereicht. Im zweiten Halbjahr 1994 lagen für 7 CIP- Anträge und 7 WAP-Anträge positive Gutachten der DFG vor, so daß für diese Projekte zum Jahresende 1994 Beschaffungsmaßnahmen eingeleitet werden konnten. Dem Rechenzentrum oblag die fachliche Begutachtung dieser Beschaffungen, die teilweise unter knappen terminlichen Vorgaben abgewickelt werden mußten.

Neben der Beratung der Nutzer von Arbeitsplatzrechnern setzte das Rechenzentrum die Unterstützung dieser Nutzer durch ein abermals erweitertes Angebot von Sammel-, Campus- und Landeslizenzen und den Betrieb von Wartungs-/Reparaturpools fort. Im Berichtsjahr sind die mit Microsoft und Wordperfect abgeschlossenen Verträge zu erwähnen, die zu einer erheblichen Arbeitsbelastung des Rechenzentrums führten, da über 2500 Produkte von Nutzern aus der Universität bestellt wurden und vom Rechenzentrum verteilt und abgerechnet werden mußten. Die Durchführung von Reparaturen für Personal-Computer wurde durch das Rechenzentrum weitergeführt; es sind gegenwärtig vier Reparaturpools eingerichtet, in denen über 600 Systeme versichert sind. Wie in den Vorjahren wurde der Betrieb der Pools durch zweckgebundene Verstärkungsmittel des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung unterstützt.

Das Rechenzentrum hatte im April 1994 die erste Version seines "Dienstleistungsangebots für Nutzer von dezentralen EDV- Systemen und Netzen" veröffentlicht und allen Instituten zugänglich gemacht. Im Berichtsjahr wurden mit Ausnahme der Medizinischen Fakultät mit allen Fakultäten Gespräche über dieses Thema geführt. Dabei hat das Rechenzentrum sein Angebot den Fakultäten ausführlich erläutert und sich darum bemüht, zusätzliche Bedürfnisse der Nutzer zu erfassen. Fazit der Diskussionen war, daß das Rechenzentrum seine Ausrichtung, die Institute beim Einsatz dezentraler Arbeitsplatzrechner und lokaler Netze zu unterstützen, fortsetzen und vertiefen soll. Die in den Gesprächen vorgetragenen Anregungen und Wünsche der Nutzer werden in die zweite Version des Dienstleistungsangebotes einfließen.
3.4 Ausbildung und Beratung
Auf dem Ausbildungssektor hat das Rechenzentrum dem neuen Versorgungskonzept bereits seit langem Rechnung getragen. Nachdem die studentische Ausbildung schon seit 1986 Zug um Zug von den Universalrechnern auf Personal-Computer verlagert worden war, wird nun das Angebot an UNIX-orientierten Kursen und Veranstaltungen weiter ausgedehnt. Zudem hat das Rechenzentrum für den neuen Studienschwerpunkt Informatik die Grundausbildung in der Programmierung übernommen. Im Berichtszeitraum bot das Rechenzentrum fast 80 DV-Kurse mit praktischen Übungen für Studenten und Wissenschaftler an. Für Ausbildungszwecke wird im Rechenzentrum ein CIP-Pool mit 32 Personal-Computern unter MS-DOS und Windows und ein in zwei Räumen installierter Pool mit 38 X-Terminals eingesetzt.

Seit Sommer 1994 wird auf Empfehlung des EDV-Ausschusses allen Studenten die relativ freie Nutzung des UNIX-Clusters eingeräumt - ausgenommen sind wenige Ressourcen wie die CPU- Server. Bis dahin konnten Studenten den UNIX-Cluster und zuvor die IBM-Universalrechner nur zusammen mit Ausbildungsveranstaltungen des Rechenzentrums nutzen, in zeitlich und inhaltlich eng begrenztem Rahmen. Nun erhalten Studenten auf Antrag eine sog. studentische Arbeitsnummer, die ihnen für studienbezogenes Arbeiten für die Dauer ihrer Zugehörigkeit zur Universität zur Verfügung steht. Bisher haben fast 2000 Studenten von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, wobei überwiegend die modernen Kommunikationsdienste wie die elektronische Post oder der Zugriff auf Informationsangebote im weltweiten Internet genutzt werden.

Der Aufwand des Rechenzentrums in der Beratung blieb auf dem hohen Niveau der Vorjahre. Die sinkende Beratung für die Nutzung der Universalrechner wurde durch die weiter steigende Beratung auf dem Gebiet der Personal-Computer und UNIX- Workstations ausgeglichen. Insbesondere die Öffnung der UNIX- Systeme für Studenten führte zu einer deutlichen Erhöhung des Beratungsaufwandes. Die Beratung der Nutzer wird durch die täglich 6 Stunden geöffnete Beratungsstelle und durch eine Vielzahl individueller Gespräche von Mitarbeitern durchgeführt. Bei den letzteren fielen die DV-Beschaffungsverfahren besonders ins Gewicht, bei denen das Rechenzentrum meist schon vor der Antragstellung beratend zur Seite steht und später dann zum Antrag gutachterlich Stellung nehmen muß.
3.5 Informationsversorgung durch neue Medien
Schon im letzten Bericht wurde auf den hohen Stellenwert hingewiesen, der elektronischen Medien für die Informationsversorgung der Universität in zunehmendem Maße zukommt. Da die neuen hier anfallenden Aufgaben von Bibliothek und Rechenzentrum gemeinsam übernommen werden müssen, wurde Anfang 1994 von den beiden Einrichtungen eine Lenkungsgruppe "Informationsversorgung durch neue Medien" eingerichtet. Die Gruppe wurde um Mitglieder des Klinikums erweitert, um auch dessen Bedürfnisse angemessen zu berücksichtigen.

Die Lenkungsgruppe koordiniert und steuert seither die Aktivitäten von Bibliothek und Rechenzentrum auf diesem Gebiet, wobei grundsätzlich die Bibliothek für die Beschaffung, die inhaltliche Erschließung und Betreuung neuer Medien verantwortlich zeichnet, während das Rechenzentrum für die Planung, die Einrichtung und den Betrieb der technischen Infrastruktur zuständig ist. Als erster Schritt wurden Ende 1994 vom Rechenzentrum zwei UNIX-Systeme beschafft, die als zentrale Informations-Server eingesetzt werden sollen. Als nächsten Schritt will die Bibliothek möglichst viele der bisher nur von Personal-Computern in Novell-Netzwerken aus nutzbaren CD-ROM-Datenbanken auf diese Server verlagern, damit sie von allen Arbeitsplatzrechnern im Netz aus zugänglich werden. Vom Klinikrechenzentrum ist geplant, auch den Arbeitsplatzrechnern im Klinikum den einfachen Zugang zu den Informations-Servern zu eröffnen, sofern dem keine datenschutzrechtlichen Probleme entgegenstehen.