Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts befindet sich Europa heute in einer Phase der Labilität und Neuorientierung. Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich in einem grundlegenden Wandel. Ich nenne 7 Ecksteine des Wandels.
Nichts zeigt im Moment die dramatischen Veränderungen in der Welt mehr, als daß der Einsatz von Tornados aus Lagerlechfeld in Bosnien diskutiert wird. Die zahllosen Opfer klagen Europa an.
Die Völker Osteuropas fühlen sich bedroht durch die unsichere politische Zukunft Rußlands und der ehemaligen UdSSR-Staaten. Mit Sorge hören wir angstvolle und giftige Stimmen zwischen den Baltischen Staaten und Rußland.
NATO und Bundeswehr sind und bleiben deshalb Garanten für die Sicherheit und den Frieden in Europa von herausragender Bedeutung. Dazu steht die Staatsregierung - auch wenn das Lasten mit sich bringt wie beim Tiefflug.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihr Stimmenfang mit diesem Thema zeigt ihre Unfähigkeit zu verantwortungsvoller Sicherheitspolitik. Das wird überboten von den "Grünen", die NATO und Bundeswehr gleich ganz abschaffen wollen.
Neue Konkurrenten unserer Wirtschaft unmittelbar vor der Haustür eignen sich in atemberaubendem Tempo unser Know how an. Sie produzieren inzwischen weltmarktgerechte Produkte weit unter unseren Kosten.
Weltweiter Wettbewerb führt dazu, daß unsere großen Unternehmen ihre Entwicklungsstrategien global ausrichten. Sämtliche Standorte stehen daher miteinander im Wettbewerb um neue Produktionsstätten und Arbeitsplätze. Das erzeugt Reformdruck, dem sich auch die Tarifpartner stellen müssen.
Innovationen sind der Schlüssel zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft mit hohem Lohnniveau. Technischer Fortschritt wird mehr als je zuvor zur wichtigsten Quelle unseres materiellen Wohlstands.
Bundespräsident Roman Herzog brachte dies
auf die einfache Formel:
"Wir müssen im Interesse der Erhaltung
des Sozialstaats in der technischen
Entwicklung immer um zwei Pferdelängen voraus sein."
(Süddeutsche Zeitung vom 23.11.1994)
Oft dauert es zu lange, bis aus Ideen hochwertige und konkurrenzfähige Produkte werden. Auch die Diskriminierung von Technik und Fortschritt haben Zukunftsbranchen ins Ausland getrieben. Bei uns finden doch Bedenkenträger leichter Zustimmung als diejenigen, die Neues wagen.
Das führt auch zu neuen Arbeitsformen, die auf Teamgeist, Kreativität und mehr Selbständigkeit des einzelnen im Unternehmen setzen.
Wichtige wirtschaftliche Konkurrenten wie Japan und USA weisen eine deutlich niedrigere Staatsquote auf als Deutschland. Was hierzulande der Staat mehr beansprucht, fehlt unserer Wirtschaft und den Verbrauchern. In vielen mit uns konkurrierenden Ländern können Unternehmen schneller investieren, weil über Planungen rascher entschieden wird. Ob uns diese Maßstäbe gefallen oder nicht - gegen diese Konkurrenz müssen wir bestehen.
Ab 1995 gilt ein neuer Bund-Länder-Finanzausgleich. Dadurch erhöht sich die Gesamtbelastung Bayerns zugunsten der neuen Länder auf über 4 Mrd. DM. Das entspricht über 7 % des gesamten Haushaltsvolumens. Wir müssen daher drastisch sparen - auch durch neue Strukturen.
Trotz des Sparkurses bleibt unser Land mit der "Offensive Zukunft Bayern" vorn. Dank unserer Privatisierungsinitiative können wir gut 3 Mrd. DM in den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt investieren. Das ist ein Zukunftsprogramm, wie es kein anderes Land hat.
Wenn weniger erwirtschaftet wird, wenn Leistungen zurückgeschraubt werden müssen, nehmen Verteilungskämpfe zu. Menschen, die einen Arbeitsplatz haben und Menschen, die keinen haben, Familien mit Kindern und Familien ohne Kinder, auch Kommunen und Staat werden künftig stärker um das Verfügbare ringen.
Die Länder der Europäischen Union, vor allem Deutschland und Bayern, sehen sich einem wachsenden Zuwanderungsdruck von Menschen mit unterschiedlichen Wertvorstellungen ausgesetzt. Nicht bei allen, die zuwandern, haben z. B. die Freiheit der Religion, die Toleranz über dem Nächsten und die Gleichberechtigung der Frau den gleichen hohen Stellenwert wie bei uns. Unvereinbare Wertordnungen in einer Gesellschaft schaffen Verwerfungen und Konflikte.
Altbundeskanzler Helmut Schmidt mahnt daher
zu recht:
"Ich bin sehr skeptisch, ob Deutschland,
auch bei einem vernünftigen
Staatsbürgerrecht und bei äußerster Anstrengung,
überhaupt fähig sein wird,
die Zugewanderten zu integrieren..."
(Münchner Merkur, 05.11.1994)