Chronischer Lehrstellenmangel

Von Jahr zu Jahr gibt es weniger Lehrstellen. Besonders dramatisch ist die Situation in den neuen Bundesländern. Nur jeder fünfte Bewerber findet einen betrieblichen Ausbildungsplatz. Ende Juni 1995 - kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres - suchten noch 77.600 Jugendliche einen Ausbildungsplatz (14 Prozent mehr als im Vorjahr), aber nur 18.000 betriebliche Lehrstellen wurden angeboten.

In Westdeutschland wurden in den letzten beiden Jahren mehr als 120.000 betriebliche Ausbildungsplätzeabgebaut. In vielen Arbeitsamtsbezirken ist der Ausbildungsmarkt bereits gekippt. Dort gibt es mehr Bewerber als Ausbildungsstellen. Die Anzahl der noch nicht vermittelten Bewerberinnen und Bewerber stieg von 195.441 (Mai 1993) auf 262.496 im Mai 1995 (+ 67.000).Trotz konjunktureller Erholung werden Ausbildungsplätze weiter abgebaut. Die Wirtschaft hat in einem Gespräch mit dem Bundeskanzler am 15. März 1995 insgesamt 600.000 betriebliche Ausbildungsplätze versprochen. Diese Zusage der Wirtschaftsverbände lösen die einzelnen Unternehmen bislang nicht ein. Sie zweifeln, ob sie diese Zusage überhaupt erfüllen können oder wollen. Als ein Beispiel sei hier die gesamte Metall- und Elektroindustrie genannt.Die IG Metall stellt nach einer Auswertung im Juni 1995 fest, daß die Zusage der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft während der Kanzlerrunde nahezu keine Resonanz findet. Lediglich 98 zusätzliche Ausbildungsplätze in den 1.037 ausgewerteten Betrieben konnten registriert werden.Bezogen auf die gesamte Metall- und Elektroindustrie kann danach allenfalls mit ca. 400 zusätzlichen Ausbildungsverträgen gerechnet werden. Bei einer auch nur annähernd gleichen Beteiligung aller Branchen sind jedoch mindestens 8.000 bis 10.000 zusätzliche Plätze in der Metall- und Elektroindustrie erforderlich. Die kleinen und mittleren Betriebe, die 80 Prozent der jungen Menschen ausbilden, können die Lasten allein nicht mehr tragen. Die AEG kommt zu folgender Beurteilung: "Unternehmen, die aus Kostengründen die Berufsausbildung vernachlässigen, entziehen ihrer Personalplanung die Basis, handeln sich mittelfristig beträchtliche Kostennachteile ein und verlieren an Image und Vertrauen auf den Nachwuchsmärkten.


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