Eine Entführung?
"Ich will ein Haustier",
schrie Tom in einem Ton, daß sich Mama Ute und Papa Wilfried ganz
verzweifelt die Ohren zuhielten. Und wieder:" Ich will endlich ein Haustier!"
Bis eben hatte Familie Müller noch ganz gemütlich am morgendlichen
Frühstückstisch gesessen und sich über das schöne Wetter
gefreut, was im April doch so selten war. Tja, bis die tägliche Diskussion
über die Anschaffung eines Haustieres von Neuem begann. Doch dann
griff Papa Wilfried ein und zerschlug Toms Traum von einem lustigen Zusammenleben
mit einem Haustier, wie zum Beispiel einem kuscheligem Hasen oder einem
trotteligem Hund, mit einem Mal. " Nein", brummte er mit seiner tiefen
vollen Stimme leise, aber ganz bestimmt und keinen Widerspruch geltend."
Das Thema ist abgegessen und das weißt du!", ging es weiter. Warum
mußten Eltern nur immer so unfair sein, dachte Tom. Nie gönnten
sie einem nur die kleinsten Freuden und dabei war Tom doch immer artig
und ein Haustier schon lange sein größter Traum. Alle in seiner
Klasse hatten ein Haustier: Sein bester Freund Peter, der hatte einen Hamster
und Lisa, seine Tischnachbarin, die hatte sogar gleich zwei, einen Hund
und eine Katze. Tom fand das ziemlich ungerecht, Lisa hatte gleich zwei
Haustiere und er durfte nicht mal von einem träumen. Ach man, was
verstanden Eltern schon von den Träumen ihrer Kinder, fragte sich
Tom verzweifelt. Gar nichts war seine Antwort darauf, denn zu Weihnachten
hatte er nicht einen kleinen Hamster oder einen großen Hund bekommen,
sondern so ein blödes ferngesteuertes Auto, daß schon längst
wieder kaputt war. An diesem Morgen beschloss er, daß sich an diesem
haustierlosen Haushalt gewaltig etwas ändern mußte. Es mußten
Haustiere her, eindeutig! Auf dem Weg konnte er sich gar nicht auf den
Straßenverkehr konzentrieren. Das einzige was er sah, war die Zukunft
mit einem neuem Mitbewohner, einem Haustier. Wie konnte er seine Eltern
nur überzeugen, daß so eine Katze nicht nur Ärger bringen
würde, sondern eine Menge Schwung und Abwechslung. Wie schön
wäre es, wenn er morgens aufwachen würde und eine kleine süße
Katze an seinem Fußende liegen würde. Er begann zu Lächeln.
Tom wußte noch nicht wie, aber er wußte, daß er seine
Eltern überreden mußte. In der Schulpause erzählte er Peter,
einem kleinen rothaarigem Jungen sein Vorhaben und fragte ihn um Rat. "
Schließlich bist du mein bester Freund und beste Freunde müssen
sich immer helfen", sagte Tom bestimmt zu seinem Freund. Der war scharf
am Nachdenken und antwortete nur mit einem :" MMH". Plötzlich schrie
er auf: " Ich hab's, Tom ich hab's". "Was?" "Na, die Lösung", rief
Peter noch ganz aufgeregt, " Tom, ich hab die Lösung, wie du dein
Haustier bekommst!" Dann begannen die beiden wie verrückt zu tuscheln
und man verstand kein Wort mehr und das einzige, was man sah, daß
war ein glückliches Strahlen in Toms Augen. Wenn Peters Plan klappen
würde, dann hätte er bald........, oh wäre das schön!
Nach der Schule gingen Tom und Peter nicht wie gewohnt den Weg nach Hause,
sondern Richtung Zooladen, der gleich in der Nähe der Grundschule
war. Auf dem Weg dahin hörte man beide immer nur Lachen und Tuscheln.
Was sie wohl vorhatten? Am späten Nachmittag kamen dann Toms Eltern
ganz gestreßt von der Arbeit nach Hause und befürchteten, daß
Tom jetzt gleich wieder mit der für sie unmöglichen Idee, ein
Haustier haben zu müssen, ankam. Doch Tom kam nicht an, er war gar
nicht zu Hause. Die Eltern waren natürlich besorgt und überlegten,
wo er denn nur stecken könne:" Sonst schreibt er doch immer einen
Zettel oder sagt uns vorher bescheid, wo kann er nur sein", sorgte sich
die Mama. Auch der Papa, der sonst doch immer ganz ruhig und cool reagierte
wurde nervös und fing an, an seinen Fingernägeln zu knabbern.
So beschlossen sie erstmal Peters Eltern anzurufen und zu fragen, ob Tom
dort sei. Doch dort war er nicht, auch Peters Eltern waren ganz aufgeregt,
denn ihr Sohn sei auch nach der Schule nicht nach Hause gekommen. So begannen
sie eine gemeinsame Suchaktion durch den kleinen Ort. Überall suchten
sie und waren schon kurz davor die Polizei einzuschalten, als sie am Dorfteich
ein leises Winseln hörten, ein Winseln, wie von einem jungen Hund.
Diesem gingen sie natürlich nach und fanden einen kleinen Baby-Hund,
der wie eine gute Fee über zwei mittelgroße schlafende Gestalten
wachte, die sich an das Ufer gekauert hatten. Plötzlich erkannte sie
diese zwei Gestalten: Tom und Peter. " Kinder", rief Toms Mutter, " Was
macht ihr denn hier und vor allem der, der kleine Hund?" Die Kinder taten
natürlich ganz verschlafen und erzählten den Eltern etwas von
einer Entführung und diesem kleinen Baby-Hund, der ihnen das Leben
gerettet hat. " Was", stutzte Toms Papa, " dieser kleine Hund?" " Ja Papa",
rief Tom. Die Eltern waren erstaunt und Tom fragte nun endlich: "Darf ich
ihn behalten?" " Auf keinen Fall", protestierte Papa Wilfried. Doch Tom
widersprach:" Aber er hat uns beiden das Leben gerettet, Peter und mir!"
" Tom hat Recht", sagte Mutter Ute, " er hat eine tierische Leistung vollbracht,
wir sind dem Hündchen etwas schuldig." Tom strahlte. Und dann sagte
der Papa von Peter: Ja, Sie sind dem Hund ein gutes zu Hause schuldig!"
Das mußte der Papa von Tom wohl oder übel einsehen und so willigte
er mit Brummen aber Verständnis ein. Tom und Peter jubelten. Ihr Plan
war aufgegangen. So gingen alle glücklich nach Hause und Tobi, wie
Tom seinen neuen Hund nannte, wedelte vor Freude mit dem Schwanz. Tom zwinkerte
seinem Freund Peter noch einmal zu, als sie sich dann trennten und die
Familien ihren eigenen Weg gingen. Die Idee mit der Entführung war
wirklich clever von Peter gewesen! Dafür hatte er Peter allerdings
versprochen, ihm auch bei der Anschaffung eines Hundes zu helfen. Da dürfen
sich Peters Eltern schon mal auf was freuen, grinste Tom, auf einen neuen
Mitbewohner und eine erneute Suche nach ihrem Sohn. Denn Peter wollte jetzt
auch einen Hund und die nächste Entführung würde so in einer
Woche starten, denn Freunde müssen sich doch immer helfen!
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