Der Index Medicus existiert seit 1879 in Papierform und erhält so wesentlich mehr Informationen als seine beiden Gegenparts MEDLINE auf CD-ROM bzw. Online (ab 1964/66). Zu bedenken ist freilich, ob gerade die medizinische Literatur vor den Jahren 1964/66 für die heutige Medizin von mehr als nur rein historischem Interesse ist (13).
Einmal gekauft, steht der Index den Nutzern tagaus, tagein zur Verfügung. Sofern nicht derselbe Indexband gleichzeitig benutzt werden soll, steht einer mehrfachen Nutzung nichts im Wege, der Hersteller verlangt dafür keinen Aufpreis. Er ist mit 614 DM/Jahr in der Anschaffung auf den ersten Blick konkurrenzlos preisgünstig, was sich allerdings wieder stark relativiert, zieht man die sogenannten 'verborgenen' Kosten und die geringe Nutzung mit in Betracht. Ohne Aufwendungen für den Platzbedarf, die anteilige Raummiete, Bearbeitung, Bindung, (ev. Mikrofiche-Lesegerät (14)) kostet eine Recherche, bei zehn Recherchen pro Tag, ca. 0,30 DM (siehe auch LEHMLER 1990, S.127). Diese Recherche würde allerdings, nach der Untersuchungvon PREUSS (1990), wesentlich (42,5 mal) länger dauern als eine computerunterstützte Suche (15). Würden Studenten ihre Suchzeit als Arbeitszeit mit 10 DM/Stunde berechnen, würde sie eine einstündige Online-Recherche - manuell durchgeführt - über 400 DM kosten (16). Zudem würden sie nicht die große Menge an Material finden, wie dies mit der maschinellen Suche möglich wäre(PREUSS 1990). Auch BRINDLEY (1988) beklagt den geringeren recall (17) der manuellen Suche. über diesen Nachteil der Papierausgabe darf nicht vergessen werden, daß sie bei retrospektiven Suchen wesentlich mehr Zitate zu bieten hat (18).
Weitere Nachteile liegen in der Unförmigkeit und Benutzerunfreundlichkeit der wuchtigen Indexbände, in der begrenzten Anzahl der Zugriffs- und Suchmöglichkeiten(meistens nur Autor, Jahr, grob-sachlich) und darin, daß sie eher akkumulieren als kumulieren. Der letztgenannte Punkt und die, wie LANGEFELD (1991) notiert, "lineare Anordnung der Dokumentationseinheiten" führen dazu, daß bei einer Suche über mehrere Jahre vielfaches Nachschlagen erforderlich ist (19). Die Darstellungsform ist statisch, d.h. sie kann vom Benutzer nicht seinen Wünschen gemäß verändert werden, und sie enthält keine Abstracts.
Will der Benutzer gleichzeitig mit dem Medical Subject Heading(MeSH)-Thesaurus arbeiten, benötigt er neben den Indexbänden zwei weitere voluminöse Bände auf seinem Tisch. Hat der Benutzer endlich die Information gefunden, nach der er suchte, muß er entweder die Literaturzitate umständlich abschreiben (was die Gefahr von Fehlern provoziert) oder die entsprechenden Seiten aus den Bänden kopieren. Ein Ausdruck oder ein Download mit anschließender übernahme in die private Datenbank ist nicht möglich.
Inwieweit der Index Medicus mittelfristig einen größeren Raumbedarf aufweist als die CD-ROM-Version, ist zweifelhaft. Während jeder neue Jahrgang des Index Medicus eine bestimmte Anzahl von Regalmetern beansprucht, erfordert die überaus große Nachfrage bei der CD-ROM die Bereitstellung weiterer CD-ROM-Arbeitsplätze (20). In der überschaubaren Zeitspanne von 10 Jahren sollte der Platzfaktor deshalb keine große Rolle spielen (21).
Zur 'Verteidigung' der Printversion werden von BRINDLEY (1988) folgende Vorteile ins Feld geführt:
- die Papierausgabe ist leicht zu benutzen, das macht
- weniger Schulung und Betreuung erforderlich als für die
CD-ROM- bzw. Online-Version (22),
- sie ist transportierbar,
- ein gleichzeitiges Arbeiten mit anderem Material ist
möglich,
- einmal gekauft, bleibt die Papierausgabe Eigentum der
Bibliothek,
- der gleichzeitige Gebrauch durch mehrere Benutzer ist
möglich.
Und LANGEFELD (1991) ergänzt:
- keine technischen Kenntnisse zur Benutzung erforderlich,
- keine Abhängigkeit vom Funktionieren technischer
Geräte.
Nach der Untersuchungsstudie von LEHMLER (1990) liegen die größten Vorzüge der gedruckten Versionen in dem geringen Einarbeitungsaufwand für den Benutzer, in der Einfachheit der Suchstrukturen, in der Aktualität (verglichen mit der CD-ROM-Version) und in der Archivierungsmöglichkeit. Besonders letzterer Punkt wird von den Bibliotheken als besonders wichtig empfunden. Die CD-ROM-Version einer Datenbank wird selten gekauft, viel eher von den Herstellern im Leasing-Verfahren zur Verfügung gestellt. Spätestens mit Kündigung des Vertrags muß die Bibliothek alle CD-ROM-Scheiben zurückgeben, mit der Folge, daß die bibliographische Erschließung der Zeitschriften eine große Lücke aufweisen würde und die Aufgabe der Bibliothek, Informationen durch Kauf zu erwerben und als Archiv der Nachwelt zur Verfügung zu stellen, nicht erfüllt werden könnte. Bei der uneinheitlichen und oft wechselnden Preis- und Lizenzpolitik der CD-ROM-Hersteller kann nur schwer abgeschätzt werden, inwieweit sich diese unzumutbare Situation in Zukunft ändern wird.
Ein weiterer Vorteil der Papierausgabe liegt laut WIECZOREK(1990) in der übersichtlichkeit, die es bei der Suche erlaubt, das gesamte Informationspotential im Auge zu behalten. SALOMON (1988) unterstützt diese Aussage mit dem Argument, daß ein enger Bildschirm per Tastendruck auf- und ab geblättert werden müßte, während dieses 'Stöbern' vom menschlichen Auge in den größeren Papierausgaben von alleine erledigt wird.
LANGEFELD (1991) kommt in seinem Vergleich von gedruckter, Online- und CD-ROM-Ausgabe von Fachbibliographien und Referateorganen zu dem Resümee: "Die Papierausgabe eignet sich für einfache, eindimensionale Fragestellungen, sofern kein größerer Berichtszeitraum zu durchsuchen ist, außerdem für Benutzer mit einer Abneigung gegen technische Hilfsmittel sowie für Archivzwecke."
3.2. Vor- und Nachteile der Online-Version
Eine Online-Datenbank kann eher als eine Dienstleistung denn als ein Produkt angesehen werden. Sie wird nur benutzt, wenn Bedarf angemeldet wird, und nur in diesen Fällen muß auch bezahlt werden. Eine Online-Datenbank gewährt maximale Aktualität, einfaches Retrieval und kaum Einarbeitungsaufwand für den Benutzer (23). Alle gewünschten Literaturnachweise können mit diesem Retrieval-System erfaßt werden (LEHMLER 1990). Die Datenbank MEDLINE kann im gesamten Zeitraum 1966-1992 in einem Schritt durchsucht werden, fast alle bibliographischen Angaben sind retrievalfähig. Die Vielfalt der Zugriffs- und Suchmöglichkeiten wird durch diverse, intelligente Verknüpfungen vergrößert. Eine gleichzeitige, sogenannte 'Cross'-Recherche in mehreren Datenbanken ist möglich. Das Retrieval-Ergebnis ist in Sekundenschnelle verfügbar. All dies ist mit einer relativ billigen Geräteausstattung zu verwirklichen (KLAES 1990). Ein Benutzer, der weder Zeit für die Suche in der Papierausgabe hat, noch das Interesse, sich in die Suchsoftware eines Computers hineinzudenken, kann sich bei komplexen Suchanfragen von einem Informationsvermittler helfen lassen (24).
Ein großer Nachteil, wenn nicht der größte, besteht in den hohen, sehr variablen und daher oft nicht voraussagbaren Kosten. Jeder Download, jeder Ausdruck, jede Anschaltminute, jede CPU-Sekunde hat seinen/ihren Preis. Eine unangenehme Folge ist, daß der Rechercheur unter Zeitdruck steht, denn bei der Online-Arbeit ist Zeit gleich Geld. Ein entspanntes Retrieval oder eine ruhige Auswahl unter hunderten von gefundenen Zitaten ist unmöglich. Ein hochbezahlter, professioneller Mitarbeiter der Bibliothek benötigt für eine Recherche mit Vor- und Nachbereitung durchschnittlich 1.5 Stunden (HENRICHS 1988).
Laut dem Ergebnis einer Wirtschaftlichkeitsanalyse der UB Konstanz (LEHMLER 1990, S.127) entstehen für die Bibliothek Kosten pro Recherche in Höhe von 147 DM (25) (Papierausgabe: 25 DM), für den Nutzer errechnen sich Unkosten von 26 DM (Papierausgabe: 27 DM), ohne Einbeziehung der Suchdauer als Arbeitszeit 12 DM (Papierausgabe: 30 Pfennig). Serendipity (26) , d.h. ein gemütliches Stöbern in der Datenbank auf der Suche nach weiterer interessanter Information, ist vor diesem Hintergrund sicherlich nicht möglich.
Aufgrund der hohen Kosten pro Recherche, des für die Online-Recherchen limitierten Etat's, und der länger werdenden Schlangen vor ihren Büros scheuen Informationsvermittler nicht selten davor zurück, allzu laut die Vorzüge dieses Mediums ihrer Klientel anzupreisen (LANGEFELD 1991). Sie befürchten (zu Recht oder Unrecht, das sei dahingestellt) eine Vergeudung ihres Online-Etat's durch extensive Recherchen einiger weniger, der Suchleidenschaft verfallener Benutzer (27). QUINT (1987) beklagt, daß die Einführung einer Nutzungsgebühr (28) oder das 'Verschweigen' der Informationsvermittlungsstelle, einer der ureigensten Aufgaben der Bibliotheken - Informationen allen Benutzern ohne Einschränkungen zur Verfügung zu stellen - zuwiderläuft.
Ein weiterer und nicht zu unterschätzender Nachteil der vermittelten Online- Recherchen ist, daß die Recherchen von einem Informationsvermittler durchgeführt werden müssen. Der Benutzer ist darauf angewiesen, einen seiner raren Termine zu bekommen. Abhängig von der Nachfrage ergeben sich so, in Verbindung mit der limitierten Benutzung durch jeweils nur eine Person (29), Wartezeiten von über 2 Wochen (JAMMERS 1991). Dies unterminiert den großen Vorteil der Online-Recherchen - die hohe Aktualität.
Es gab in US-amerikanischen und vereinzelt auch in deutschen Bibliotheken schon vor Einführung der CD-ROM Ansätze, dem Benutzer die Online-Datenbanken für Endnutzerrecherchen zur Verfügung zu stellen (LANKENAU 1989). Diese Versuche, teilweise mit Modellcharakter, den Zugang zur Information zu demokratisieren und den Informationsvermittler zu entlasten, werden bei geeigneter finanzieller Unterstützung und bei Vorhandensein benutzerfreundlicher Oberflächen durchaus ähnlich akzeptiert wie die CD-ROM-Recherchen (KNIPPEL et. al. 1989; SPIEß 1990; O'LEARY 1990), sind jedoch letztendlich für den Bibliotheksträger zu kostspielig und darum zum Scheitern verurteilt.
PREUSS (1990) fand am Beispiel von 14 Fragestellungen eine überraschend geringe überschneidung der Ergebnisse maschinell und manuell durchgeführter Suchen. Die maximale Anzahl der in verschiedenen Experimenten sowohl manuell in der Papierausgabe als auch maschinell in der entsprechenden Datenbank gefundenen Zitate betrug 19%, die Durchschnittsprozentzahl sogar nur 9%. Zur Erklärung dieses Befundes konnte der etwas größere (+25%) Abdeckungsgrad der Online-Datenbank nur teilweise herangezogen werden. Viel wichtiger war wohl die Erkenntnis, daß bei manueller Suche noch weitere Quellen als nur das der Datenbank entsprechende Referateorgan benutzt wurden. Durch einen eher 'zufälligen' Sucheinstieg wurde offensichtlich die Zahl der 'interdisziplinären' Treffer stark erhöht. PREUSS schreibt als Resümee, daß sich beide Recherchevarianten ergänzen und somit nebeneinander sinnvoll getätigt werden können, ja müssen, denn der Verzicht auf eine der beiden bedeutet Informationsverlust.
Doch nicht nur Online-und Papierausgabe einer Datenbank ergänzen sich eher, als daß sie sich verdrängen, vielmehr scheint diese komplementäre Mischung auch beim Aufeinandertreffen von CD-ROM und Online wirksam zu sein. WILLIAMSON (1991) berichtet aufgrund seiner Praxis mit der juristischen Datenbank CELEX über die Abrundung des Online-Angebots durch die CD-ROM und umgekehrt. Die Online-Recherchen gehen zwar nach Einführung der CD-ROM-Version in aller Regel zurück, verlieren aber nie ihre Berechtigung für den Klientenkreis aus Naturwissenschaft, Medizin und teilweise auch Jura, dem trotz der hohen Kosten die bessere Aktualität und die vollständigeren Suchergebnisse unverzichtbar bleiben.
3.3. Vor- und Nachteile der CD-ROM-Version
3.3.1. Vorteile der CD-ROM-Version
Die CD-ROM vereinigt viele der Vorteile der Papier- und der Online-Ausgabe und einige ihrer Nachteile. Wie bei den Print-Medien ist der Preis der CD-ROM festgelegt und kann im Haushaltsetat genau und im voraus berücksichtigt werden. Die CD-ROM-Version ist das ganze Jahr verfügbar und nicht - wie bei den Online-Recherchen - nur solange, wie der Etat nicht verbraucht ist, deswegen ist die CD-ROM ein Medium, das geradezu nach einer effektiven Vermarktung ruft, denn ihr großer Vorteil ist, daß die Recherchen mit steigender Anzahl immer billiger werden.
Dank einer ausgefeilten Retrieval-Software stehen menügeführte, sehr benutzerorientierte Such- und Verknüpfungsmöglichkeiten zur Verfügung. Es sind fast alle bibliographischen Angaben suchbar, man kann trunkieren, Boole'sche, Nachbarkeits- und Nest-Operatoren benutzen, das Suchergebnis limitieren und nach Relevanz begrenzen. Anzeige, Ausdruck und Download der Ergebnisse sind nach Wunsch veränderbar, häufig sind Abstracts vorhanden.
Wie bei einer Online-Recherche kann der Benutzer eine (aus-)gedruckte Bibliographie mit nach Hause nehmen, dort in aller Ruhe entscheiden, welche der Artikel er sich besorgen will oder eine von der CD-ROM heruntergeladene Datei in seine private Datenbank überspielen. Trotz der hohen Anfangskosten der CD-ROM-Station (PC, CD-Spieler, Monitor, Tastatur, Drucker, Kabel) rentiert sich die Investition durch die hohe Benutzungsintensität schnell. Versteckte Kosten, die bei der Kostenberechnung mit in Erwägung gezogen werden müssen, sind: Personal- und Benutzertraining, ev. zusätzliche Personalstellen wegen gestiegener Belastung, Platzbedarf, Wartung und Unterhaltung der Gerätekonfiguration.
In den allermeisten Studien über die Benutzung von vermittelter und unvermittelter Recherchepools, gaben die Benutzer an, am liebsten ihre eigene Suche durchführen zu wollen (z.B. BONHAM 1988). Dieser Wunsch beruht u.a. auf der Hemmung der Benutzer, jemanden für eine Hilfestellung anzusprechen. Dies ist eine oft vergessene Realität in der bibliothekarischen Praxis. Wird experimentell ein mechanisch/automatisches Zwischenglied (30) in die Beziehung Benutzer-Bibliothekar geschaltet, sinkt ihre Hemmschwelle, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Das Resultat ist eine steigende Beanspruchung der Serviceangebote.
MöLLER (1991) schreibt dazu:
"Auf der Seite des Nutzers entfällt (...) die häufig als unangenehm empfundene Notwendigkeit, Suchziele und Problemstellungen einem Dritten, das heißt dem die Recherche durchführenden Bibliothekar, offenzulegen und zu erläutern."
Dies gilt insbesondere, aber nicht ausschließlich, für Menschen anderer Kulturen und Muttersprachen, wie TENOPIR u. NEUFANG (1992, S.60) zu berichten wissen. Beide Autoren führen aus, daß diese Benutzergruppe in der Befürchtung leben könnte, ihr Gesicht vor dem Bibliothekar zu verlieren.
Ein weiteres Hemmnis der Endnutzerrecherchen besteht in der Nervosität, Fehler zu machen, und dann mit erhöhten Gebühren für diese bezahlen zu müssen. Dieser Punkt fällt bei CD-ROM-Recherchen weg, denn sie werden in den allermeisten Fällen gebührenfrei und ohne zeitliche Begrenzung angeboten. So erlaubt es das CD-ROM-System dem Benutzer, sein eigenes Tempo bei der Recherche zu finden, trickreiche Suchstrategien zu lernen und auszuprobieren, ohne für das Experimentieren 'bestraft' zu werden.
Ein Vorteil, den die CD-ROM-MEDLINE und die entsprechende Online-Version vereinen, ist die größere Vollständigkeit im Vergleich zum Index Medicus. Beide computerisierten Nachweissysteme werten ca. 550 Zeitschriften mehr aus (3250 gegen 2700) (31), außerdem enthalten ihre bibliographischen Angaben in ca. 60% der Fälle einen ausführlichen Abstract(KALTENBORN 1989).
Die überaus gute Nachfrage nach CD-ROM-Recherchen und das Erreichen neuer Benutzergruppen zeigen nach PFAFFENBERGER (1990), daß das Zeitalter der Endnutzerrecherchen nun endlich begonnen hat, nachdem es schon in den 80er Jahren in den USA nach Einführung nicht-vermittelter `Endnutzerrecherchesysteme' angekündigt worden war. HERTHER (1988) glaubt u.a. deswegen, daß die Forschung nun schneller vonstatten geht, da ja durch die CD-ROM-Recherche den Benutzern kostbare Zeit erspart, bzw. diese effektiver genutzt wird. DYER (1990) bemerkt, da recall und Präzision der Information erhöht würden, sollte auch
"... die Schreibtischforschung schneller, präziser (...) werden und eine höhere Trefferquote bekommen."
In einer 1991 veröffentlichen Umfragestudie in 25 Bibliotheken Großbritanniens waren die geäußerten Kommentare über die CD-ROM durchweg sehr positiv:
- CD-ROM schafft Einnahmen durch Gebühren,
- verhindert den Bedarf an Kopien, die durch die Fernleihe
hätten bestellt werden müssen,
- ist ein guter Weg, um den Studenten beizubringen, wie man
Informationen sucht,
- die CD-ROM erfordert wenig Schulungsmaßnahmen,
- ist wegen ihrer fixen Kosten ein exzellenter Ersatz für
Online-Datenbanken in kleineren Bibliotheken,
- die CD-ROM erhöht die Geschicklichkeit, mit einer
Computertastatur umzugehen,
- erhöht ganz allgemein die Computerkenntnisse und
schafft
ein gewisses Suchvertrauen.
Hinzuzufügen ist noch, daß es von manchen Bibliothekaren für wahrscheinlich gehalten wird, daß ein Gebrauch der CD-ROM die Bewußtheit der Benutzer für primäre und sekundäre Informationsquellen steigert (DYER 1990), dies wird in der Erhöhung der Zeitschriften- und/oder Reportbenutzung unmittelbar nach Einführung der CD-ROM sichtbar (siehe z.B. MUSSER u. CONKLING 1991). Ferner stellt die CD-ROM eine sehr gute, wenn auch nicht kostenlose Werbung für die Bibliotheken dar und hat zu einer "Online-Alphabetisierung des breiten Publikums" (WIECZOREK 1990, S.264) geführt. Die CD-ROM-Datenbanken ähneln mit ihrer weitgehend kostenlosen, freien Zugänglichkeit sehr den gedruckten Bibliographien. Deshalb kann erwartet werden, daß auch die Konkurrenz der CD-ROM mit der Papierausgabe heftiger sein wird, als mit den Online-Datenbanken. Die 1988 in den USA durchgeführten "Evaluation Studies" zur Einführung der Datenbank MEDLINE auf CD-ROM ("MEDLINE on CD-ROM..." 1989) sprechen eine deutliche Sprache in diesem Zusammenhang.
Der Mehrzahl der Benutzer fiel die Recherche auf der CD-ROM wesentlich leichter als die Benutzung des Index Medicus. Die Bevorzugung der CD-ROM wurde noch drastischer, wenn die Benutzer vorher in ihre Anwendung eingeführt worden waren(JONES 1989). Statt 30% fanden es nun 90% einfacher, auf der CD-ROM zu recherchieren, keiner befürwortete mehr den Index Medicus, der vor der Schulung immerhin noch von 70% der Befragten favorisiert wurde.
3.3.2. Nachteile der CD-ROM
Eins der großen Nachteile des CD-ROM-Systems und insbesondere des CD- ROM-Netzwerks sind die hohen Anfangsinvestitionen. Das Finanzierungsproblem dieser Technologie wird auch von COOLIN (1987)angesprochen. Für US-amerikanische Bibliothekare spielt dieser Punkt natürlich eine noch wichtigere Rolle als für deutsche:
"Anstatt tausende von Dollars für die CD-ROM und die daranhängenden Probleme und Hardware auszugeben, warum den Benutzern nicht unbegrenztes, freies Online-Recherchieren anbieten? Es wäre vielleicht nicht so teuer wie einige der verborgenen Kosten des CD-ROM-Systems, und die Benutzer würden beides haben: sowohl Aktualität als auch ein sehr viel weiteres Spektrum an angebotenen Datenbanken."
Wenn sich die Bibliothek trotzdem für die CD-ROM entscheiden will, muß genau geprüft werden, ob sie wirklich alle Funktionen des gedruckten Mediums übernehmen kann oder ob nicht einige schwerwiegende Defizite dies verhindern könnten:
"... erscheint die Warnung vor einer zu starken Orientierung der Bibliotheken an CD-ROM nicht unbegründet. (...) Das wachsende Angebot an CD-ROM-Produkten zwingt zu strenger Auswahl bei der Erwerbung, denn die jährlichen Lizenzgebühren belasten den Etat spürbar, zumal nicht immer das Paralellabonnement der jeweiligen gedruckten Ausgabe eine Bibliographie gekündigt werden kann. (...) Auch die Frage der Archivierung stellt noch ein ungeklärtes Problem dar, denn die Haltbarkeit der CD-ROMs wird auf nicht mehr als 30 Jahre geschätzt, ganz zu schweigen davon, daß eigentlich auch die betreffende Hardware archiviert werden müßte, um ungeachtet technischer Weiterentwicklungen die alten CD-ROMs später wieder benutzen zu können." (SüHL-STROHMENGER 1992, S.841,842)
Die Fehler und Mängel der CD-ROM-Technologie wurden erst nach und nach offenkundig. LOBECK(1989, S.144) meint gar, daß sich die Bibliothek mit der CD-ROM "ungefähr alle Probleme eingehandelt hat, die es überhaupt bei der Daten- und Informationsverarbeitung geben kann." Die Schwierigkeiten liegen vor allem, wie er weiter ausführt, in der Beherrschung der Suchsoftware und des PC-Betriebs auf MS-DOS-Basis, sowie Installations- und Speicherplatzproblemen. Dies gilt umsomehr für den Betrieb der CD-ROM im Netzwerk. Die dort unternommenen EDV-technischen 'Klimmzüge', um auf viele CD-ROMs gleichzeitig von mehreren Terminals aus zugreifen zu können, bilden anscheinend auch vier Jahre nach Einführung der ersten CD-ROM-Netzwerke eine ständige Fehlerquelle.
NAHL-JAKOBOVITS u. TENOPIR (1992) verglichen die psychologischen Literaturdatenbanken PsycLIT(CD-ROM) und PsycINFO(Online) miteinander und stellten fest, daß
a) in der Online-Datenbank wegen der größeren
Aktualität und der Einbeziehung von Dissertationen mehr
Zitate zu finden waren,
b) die Antwortzeiten in der Online-Datenbank nur
geringfügig
kürzer waren, dafür aber gleichmäßiger,
während bei der CD-ROM 'Ausreißer' von unzumutbar
langen Antwortzeiten zu beobachten waren,
c) die Zitate 3-23 Monate brauchten, um auf der CD-ROM zu
erscheinen, der durchschnittliche Verzug der CD-ROM betrug 8
Monate. Die Online-Version erwies sich als doppelt so schnell.
Zu Punkt (a) und (c) fand LEHMLER (1990, S.121) bei seiner überprüfung des Timelag, daß DIMDI einen Verzug von 2 Wochen, die Papierausgabe (von Psychological Abstracts) einen von 4 Wochen und die MEDLINE-CD-ROM einen von 5 Wochen besitzt. Bei einem Retrieval-Experiment wurde festgestellt, daß zu einer bestimmen Titelphrase in den Online-Datenbanken der beiden Anbieter DIALOG und DIMDI in fünf von sechs Fällen mehr Zitate als in der entsprechenden CD-ROM-Version zu finden waren. Diese hinkt also in puncto Aktualität und Vollständigkeit deutlich hinter den Online-Datenbanken hinterher. Man muß damit rechnen, auf einer CD-ROM-Scheibe, die mit dem Aufdruck " Januar - August 1990 " versehen ist, kein einziges Zitat mit Erscheinungsjahr 1990 zu finden(NAHL-JAKOBOVITS u. TENOPIR 1992).
Dies ist wohl durch den Herstellungsprozeß der CD-ROM begründet. Jeder Update verlangt nach einer völligen Neupressung der silbrig-glänzenden Scheibe. Monatliches updating ist bei manchen Datenbanken unnötig und macht die CD-ROM-Vermarktung für die Hersteller unrentabel.
Um dieses Manko der CD-ROM nicht zu einem Waterloo für ihr - neben Papierausgaben und Online-Datenbanken - drittes Bein werden zu lassen, haben sich die Hersteller eine Kombination zwischen CD-ROM-und Online-Recherche einfallen lassen. Hersteller wie DIALOG und WILSON haben Hybridsysteme entwickelt, die auf Knopfdruck ein CD-ROM-Suchprofil in der entsprechenden Online-Datenbank ablaufen lassen, um so auch die aktuellsten Zitate zu finden. Eine attraktive Preispolitik, da nur die Telekommunikationskosten anfallen - die Datenbank-Recherche selber ist kostenlos - soll für eine weite Verbreitung dieser Systeme sorgen (SALOMON 1988).
Ob sich diese Hybridsysteme auf dem Markt durchsetzen werden, ist ungewiß und hängt in starkem Maße von dem Stellenwert ab, der der Aktualität gegeben wird.
GOOS u. KLEIN (1991, S.263) meinen zu diesem Punkt pragmatisch, daß die Aktualität der CD-ROM "für die meisten Studenten in fast allen Disziplinen ausreichend" ist, ganz abgesehen davon, daß offensichtlich der Verzug der CD-ROM nicht wesentlich größer als der der Online-Datenbanken ist:
"Das Updating wird zwar allgemein als entscheidender Vorteil der Onlinerecherche betrachtet, doch relativiert sich das, wenn man bedenkt, daß der Löwenanteil des Timelags beim Datenbankproduzenten liegt und nur ein kleinerer zusätzlicher Zeitverzug durch die CD-ROM-Produktion hinzukommt."(LEHMLER 1990, S.139)
LEHMLER (1990, S.105) bestimmte ferner experimentell die Antwortzeiten der beiden Suchsysteme auf gleiche Retrievalabfragen. Je nach Schwierigkeitsgrad war die Suche auf der CD-ROM um den Faktor 7-23 langsamer als in der Online-Datenbank. ULBRICHT (1990) kommt aus theoretischen überlegungen auf eine technisch bedingte Antwortzeit der CD-ROM, die um ein bis zwei Größenordnungen über der der Online-Datenbanken liegt. Das dürfte im wesentlichen auf den langsameren Plattenzugriff zurückzuführen sein(Magnetplatte > 10 ms; CD-ROM > 300 ms; MACSEAN u. LAW 1990).
Die Hersteller versuchen diesen Nachteil durch Verbesserung der Suchsoftware und durch ausgefeilte Technik wieder wettzumachen. Indexdateien werden auf der Festplatte des Arbeitsplatz-PC installiert, so daß sich die Suche erheblich beschleunigt, erst zum Anschauen oder zum Ausdruck/Download der Zitate muß auf Daten der CD-ROM zurückgegriffen werden. Bei SilverPlatter, Anbieter von über 80 CD-ROM-Datenbanken, wird die CD-ROM nur noch zum Aktualisieren der auf Festplatte gespeicherten MEDLINE-Datenbank verwendet (SilverPlatter begins ... 1991). So soll der Vorteil der großen Speicherkapazität der CD-ROM mit der Schnelligkeit des Magnetplattenzugriff's vereinigt werden.
Eine der größten Nachteile des CD-ROM-Einzelplatzes ist der 'Einzelplatz'. Es ist für den Bibliotheksklienten völlig unverständlich, daß die jederzeit zu benutzende Papierausgabe durch ein System ersetzt wird, auf dessen Gebrauch er tagelang warten muß. An jeder CD-ROM-Station kann nur ein Benutzer recherchieren; das Resultat ist, daß - aufgrund der überaus hohen Inanspruchnahme - die Schlangen vor den Terminals zu wachsen beginnen und Wartezeiten von mehreren Tagen, ja Wochen (32) keine Seltenheit sind. Das ist - nicht nur für den Benutzer- eine spürbare Verschlechterung. Eine Vermehrung der Zahl der CD-ROM-Stationen ist aber nicht unbedingt die angemessene Lösung, denn:
"... die Statistik zeigt, daß ein zwei- oder dreifaches Mehr an (CD-ROM-)Stationen die Anzahl der Recherchen multiplizieren, aber wahrscheinlich nicht den Bedarf befriedigen würde. Je mehr Leute die CD-ROM benutzen, desto mehr wollen sie benutzen (... genauso wie) billigere und bessere Kopiergeräte längere Schlangen vor den Kopierern verursacht haben, scheinen die CD-ROMs eine Dienstleistung zu sein, die von den Leuten so heißgeliebt wird, daß wir ihnen niemals genug davon geben können."(TAYLOR 1989)
Wenn viele CD-ROM-Datenbanken erworben wurden, in der Bibliothek aber nur wenige Workstationen verfügbar sind, muß die Software verschiedener Hersteller auf einem PC installiert werden, was zu Unverträglichkeiten zwischen den Produkten führen kann (CRANE 1991, S.21). Dieses Problem ist vielen Bibliothekaren der ersten (CD-ROM-) Stunde in leidvoller Erinnerung. Die Art und Weise, in der die CD-ROM-Station konfiguriert werden muß, kann für jedes Produkt eine andere sein und die Konfiguration anderer Produkte ausschließen (33). Um diese Konfigurationen einzustellen, bedarf es umfassender Kenntnisse des Betriebssystem MS-DOS. Einige der CD-ROM-Software verändert von sich aus die Konfiguration des PCs mit der Konsequenz, daß jedesmal Bibliothekspersonal auf Betriebssystemebene eingreifen muß, wenn die CD-ROM eines anderen Herstellers gestartet werden soll. Dieser zusätzliche Installationsaufwand fällt ebenso an, wenn ein Hersteller seine Suchsoftware in einer neuen Version ausliefert, die durch einen größeren Speicherplatzbedarf und/oder anderen CD-ROM-Treiber eine völlig veränderte PC-Umgebung benötigt (34). Zudem wird beobachtet, daß der Speicherplatz auf der Festplatte der CD-ROM-Workstation bei Mehrfachbelegung knapp werden kann (VAN BRAKEL 1991).
Ein weiteres Problem, das auftritt, wenn eine Datenbank so groß ist, daß sie nicht auf eine einzelne CD-ROM paßt, ist die Notwendigkeit des CD-ROM-Wechsels und damit einhergehend einer Verwaltung der einzelnen Scheiben, will man sie nicht in die Hände der Benutzer geben. Dies bedingt die CD-ROM-Ausgabe an die Benutzer, die Rücknahme benutzter Zeitscheiben und stellt für das Bibliothekspersonal eine oft kaum zumutbare Mehrbelastung dar. Die Alternative, dem Benutzer alle Zeitscheiben der von ihm gewünschten Datenbank zu überlassen, ist ein echtes Sicherheitsrisiko und birgt die Gefahr der Beschädigung der CD-ROM, wird aber an einigen Bibliotheken wegen der Personalbelastung als das kleinere übel angesehen(WHITSED 1988a).
Was sich in dieser Situation als naheliegende Lösung anbietet, ist eine Vernetzung der CD-ROM-Spielers unter Anwendung fortgeschrittener Konfigurationssoftware.
3.4. Vor- und Nachteile des CD-ROM-Netzwerks
Netzwerke verbinden eine Vielzahl von Computertypen miteinander. Großrechner (sog. main frames), Mini- und Microcomputer, 'dumme' Terminals. Sowohl IBM-kompatible als auch Rechner anderer Hersteller (Atari, MacIntosh, SUN, ...) lassen sich - über geeignete Schnittstellen - anschließen. Vom sogenannten Backbone, dem Kabel-Rückgrat des Universitäts- oder Campusnetzes (MAN = Metropolitan Area Network) kann man Verbindungen zu kleineren, Instituts-, Abteilungs- oder Gebäudenetzen schaffen. Diese werden dann als 'Local Area Network` (LAN) bezeichnet. Universitätsnetzwerke arbeiten für gewöhnlich mit hohen bis sehr hohen übertragungsgeschwindigkeiten und -kapazitäten. Oft werden Lichtleiterkabel verwendet. Bei der Fiber Distributed Data Interface (FDDI) - Topologie werden übertragungskapazitäten von bis zu 10.000.000 Bit pro Sekunde unterstützt.
Zu der Philosophie, die hinter einer solchen Verkabelung steht, schreibt COLLIER (1991, S.166, 167):
"In den letzten Jahren kam die Idee des verkabelten Campus auf. Sie beschreibt das Zusammenfließen von der Arbeit am Computer, Informationsgewinnung und- übermittlung, Lehre und Lernen in einer Umgebung, in der das Personal und die Studenten einfach auf Workstationen in Büro's, Bibliotheken, Laboratorien, Schlafstätten und anderen Plätzen überall auf dem Campus zugreifen können. (...) In Umgebungen, die eher Informations- als Buch- und Muße-orientiert sind, repräsentieren LANs die letzten Infrastrukturkomponenten in dem Auftreten der sogenannten 'elektronischen Bibliothek'."
Die Einbindung der CD-ROM-Stationen in einen LAN ist der erste Schritt zu einem Fernzugriff über Telephon oder übers Universitätsnetz auf Resourcen der Bibliothek. Weitere Vorteile eines CD-ROM-Netzwerks:
- die wirtschaftlichen Früchte einer Mehrfachnutzung
kostspieliger Geräte wie z.B. einer CD-ROM-Station, aber
auch komfortabler Drucker, großer Festplatten, usw. (35),
- LANs erleichtern den Datenaustausch und damit die
Kommunikation(e-mail),
- die erhöhte Daten-Integrität, da alle Teilnehmer
im
Netz die Gewähr haben, die gleiche Information zu
teilen,
- die erhöhte Sicherheit, da der Zutritt zum LAN und
jeder
Zugriff auf gemeinsam geteilte Quellen kontrolliert werden
kann,
- die erhöhte Produktivität, da Arbeitsgruppen
softwareunterstützt besser zusammenarbeiten
können,
- CD-ROMs in großen Netzwerken bieten auch älteren,
'dummen' Terminals die Möglichkeit, auf diese Information
zugreifen zu können(LEGOTT 1991, S.8,9),
- die CD-ROM-Scheiben sind dauernd im CD-ROM-Spieler geladen,
zudem oft im nicht-öffentlichen Bereich aufgestellt, so
daß die Benutzer im Menü die gewünschte
Datenbank
auswählen, anstatt direkt mit der CD-ROM-Scheibe
umzugehen
und sie u.U. zu beschädigen, d.h. erhöhte
Sicherheit,
- ein Langzeitpotential durch Anschluß an das
Campusnetzwerk,
- ein "Quantensprung in Benutzung und Benutzerverhalten, da
wesentlich mehr Gebrauch von Sekundärquellen gemacht
wird,
- generell ein erhöhter Komfort der CD-ROM-Benutzung
(FAIRMAN 1991).
Die Nachteile des CD-ROM-Netzwerks:
- Die Bibliothekare stehen "wie der Ochs vorm Berg", wenn es
um
Netzwerktechnologie und - Software geht (FLANDERS 1990),
- Die Netzwerklizenzgebührenpolitik der Anbieter ist
unklar
(FLANDERS 1990),
- bei vielen CD-ROMs ist nicht sicher, ob sie im Netzwerk
überhaupt laufen, jede muß gekauft und ausprobiert
werden, dazu ev. neue Batchdateien geschrieben werden,
FLANDERS
1990; BURGER 1990);
- nach HEINISCH (1992) gelten nur 60% aller CD-ROM-Produkte
als
voll netzwerkfähig,
- die komplexe und teilweise unausgereifte Natur der
CD-ROM-Einbindung in ein Netzwerk führt zu
Kinderkrankheiten
wie häufigen Systemabstürzen, ist (nicht nur damit)
sehr wartungsintensiv,
- die Anschaffungskosten eines Netzwerks sind sehr hoch und
nur
für wenige Bibliotheken erschwinglich,
- im Netzwerk sind keine - datenbankübergreifenden -
'Cross'-Recherchen möglich.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die CD-ROM alle Vorzüge aufweist, die das Online-System gegenüber der Print-Version besitzt: Es ist schnell, ein vielfacher Suchzugriff auf viele Felder des Rekords und eine kumulative Suche sind möglich, die Verfügbarkeit der Information wird demokratisiert. Gleichzeitig läßt das Fehlen von Interface-Standards, die hohen Anfangskosten, die vertrackten Lizenzvereinbarungen und der ohne kostspielige Investitionen in Netzwerktechnologie nur singuläre Zugriff es geraten erscheinen, eine Entscheidung für oder gegen Printmedien, für oder gegen einen Online-Anschluß, für odergegen eine CD-ROM-Station nicht prinzipiell, sondern auf einer Fall-zu-Fall Basis zu treffen.
3.5. Kosten- und Wirksamkeitsanalyse
3.5.1. Kosten- und Wirksamkeitsvergleich der drei
Medien
Die Anfangsinvestitionen für die Erwerbung der CD-ROM-Lizenz und der CD-ROM-Geräte sind größer als der Preis der Papierausgabe (plus ev. Mikrofiche- Lesegeräte und/oder Kopierer) und der für die Online-Recherche benötigten Geräte (LEHMLER u. MüHLE 1989). In eine solide und realistische Berechnung der anfallenden Kosten der einzelnen Systeme müssen sowohl die Fix- als auch die variablen Kosten eingehen. Dabei sollte die Arbeitszeit der Bibliothekare und die der Benutzer mit einkalkuliert werden, um ein möglichst vollständiges Bild des Gesamtaufwandes, der für jede einzelne Recherche betrieben werden muß, zu erhalten.
Läßt man z.B. die Arbeitszeit des Nutzers außer acht, ist die Papierausgabe für ihn weitaus günstiger als eine vermittelte Online-Recherche (LEHMLER 1990, S.127). Dies gibt jedoch ein unrealistisches Bild, weil kein Benutzer manuell 42.5 Stunden recherchieren würde für eine Thematik, die mit einer Online-Abfrage in 60 Minuten abgehandelt wäre, und die ihn dann vielleicht 20 DM kosten würde(PREUSS 1990). So hat ELCHESON schon 1978 geschrieben, daß der Versuch, die Online-Recherche manuell zu kopieren, sehr viel unökonomischer wäre. Und QUINT (1987, S.1) erklärt, daß eine vermittelte Online-Recherche immer billiger wäre, als das Problem manuell zu lösen.
Berechnet man in einer Wirtschaftlichkeitsanalyse alle anfallenden 'monetarisierbaren' Kosten pro Recherche, so schneidet die CD-ROM am günstigsten ab (LEHMLER 1990, S.127). LEHMLER (1990, S.132) geht noch einen Schritt weiter und stellt dem so errechneten monetären Nutzen den sog. 'Informationsnutzen' gegenüber. Dieser soll die Zielsetzungen der Informationsvermittlung berücksichtigen. Nach der in Konstanz aufgestellten 'Zielhierarchie' gelingt dies der Online-Recherche am besten, der Papierausgabe am schlechtesten (LEHMLER 1990, S.130).
LEHMLER (1990, S.132) faßt seine Ergebnisse wie folgt zusammen:
"... (Es) ergibt sich, daß der höhere Nutzwert der vermittelten Online-Recherche bei allen Blickwinkeln (Kosten/Nutzen für die Bibliothek, für den Benutzer, für das gesamte System) mit erheblichen Kosten erkauft wird. Die CD-ROM hat ein besseres Kosten-Wirksamkeitsverhältnis, was darauf zurückzuführen ist, daß sie die gesetzten Ziele, wenn auch nicht so gut wie die vermittelte Recherche, so doch weit besser als die konventionelle Recherche in gedruckten Bibliographien erreicht, daß sie aber ihren teuren Preis durch besonders starke Nutzung überkompensiert und deshalb sich als die günstigste Version herausstellt."
Die zahlreichen US-amerikanischen Ansätze, in einer Kosten-Nutzen-Analyse mit der 'Break-even-point-Methode' die Anschaffung der CD-ROM zu rechtfertigen, sind zwar nicht so "very sophisticated" wie die hier vorgestellte deutsche Analyse (36), kommen aber durchaus zu ähnlichen bis gleichen Ergebnissen. Das wichtigste dürfte wohl die Feststellung sein, daß eine Entweder-Oder-Entscheidung falsch wäre, denn die drei 'konkurrierenden' Medien(Print, CD-ROM, Online) ergänzen sich eher, als daß sie sich gegenseitig verdrängen(SüHL -STROHMENGER 1992b). Wird eine Datenbank häufig benutzt, könnte es billiger sein, diese durch die entsprechende CD-ROM-Version zu ersetzen. Für mehrere, selten genutzte Datenbanken bietet sich hingegen ein Online-Angebot an (ERKKILA 1990, SALOMON 1988) (37).
Stellvertretend für viele Studien hier ein Zitat von NEAME (1988, S.4):
"Während einige Anwendungen der CD-ROM als kostensparend angesehen werden können, ist jedoch in der Mehrzahl der Fälle der Vorteil der CD-ROM nicht die Kostengünstigkeit, sondern die Einfachheit der Recherche, die Effektivität und die überaus große Zufriedenheit des Benutzers."
Nach bibliotheksweiter Einführung von CD-ROM-Netzwerken(rund 70 MultiPlatter-Netze in den USA und die gleiche Anzahl von Installationen in der Bundesrepublik Deutschland durch die Firma Dr.Holthaus u. Heinisch (Göttingen) (38) , wurde von verschiedenen Autoren (u.a. LANGEFELD 1991) ein erneuter Vergleich mit Beteiligung der Netzvariante gefordert.
3.5.2. Kosten - Nutzwert - Vergleich zwischen Netz- und Einzelplatz-CD-ROM
Im folgenden versuche ich deshalb, die Berechnungen von LEHMLER (1990) für die Datenbank MEDLINE auf ein CD-ROM-Netzwerk umzurechnen und mit den -leicht modifizierten- Werten der Konstanzer Verhältnisse zu vergleichen. Als Vergleichsobjekt soll die Medizinische Zweigbibliothek der TH Aachen dienen. Dort war im November 1991 ein CD-ROM-Netzwerk von der Firma Dr.Holthaus + Heinisch(Göttingen) installiert worden. Die Datenbank MEDLINE-Express von SilverPlatter (1966-aktuell) ist von 5 Stationen aus abrufbar.
3.5.2.1. Benutzungsanalyse
Von November '91 bis Juli '92 wurden in Aachen 12.000 Recherchen durchgeführt. Das bedeutet rund 18.000 im Jahr - ein zunächst unglaublicher Wert, der aber nur 1,2 Recherchen pro Arbeitsplatz und Stunde bedeutet. Bei einer durchschnittlichen Recherchedauer von 30 Minuten ergibt sich, daß dieser zunächst so hoch erschienene Wert eine Auslastung von nur 60% darstellt.
3.5.2.2. Wirtschaftlichkeitsanalyse
Zum besseren Vergleich wurde die Konstanzer Recherchezahl in der Datenbank MEDLINE von 612 pro Jahr auf die Aachener Einzelplatzinanspruchnahme von 3.600 Recherchen/Jahr standardisiert. Dies erscheint mir notwendig, da es in der Universität Konstanz keine medizinische Fakultät gibt und somit die Recherchen in der Datenbank MEDLINE gegenüber denen in Aachen stark unterrepräsentiert wären (Bei Verwendung der Konstanzer Recherchezahl von 612 für zwei Arbeitsplätze ergäben sich deutlich höhere Kosten pro Recherche). Die Berechnung findet sich im Anhang. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, alle angegebenen Werte sind Schätzungen. Es wurden dieselben Kapitelüberschriften benutzt wie bei LEHMLER (1990, S.149-160), um einen Vergleich zu vereinfachen. Die Rechnung zeigt, daß trotz der immens hohen Anfangskosten die Gesamtkosten CD-ROM-Recherche im Netzwerk mit 20,15 DM/Recherche ungefähr gleich teuer (oder billig) wie die an einem Einzelplatz sind(22,85 DM/Recherche). Während bei der Einzelplatzversion mehr Arbeit für Personal des einfachen Dienstes anfällt, ist bei der Netzwerkversion das Personal des höheren Dienstes stärker gefordert. Im ersten Fall handelt es sich um den Wechsel der CD-ROM-Scheiben, Auskunftsdienst und Einführungen, im letzteren Fall um die für das Netzwerk erforderliche intensive Wartung und Betreuung.
3.5.2.3. Nutzwertanalyse nicht monetarisierbarer Faktoren
Die Nutzwertanalyse nicht monetarisierbarer Faktoren (LEHMLER 1990, S.129-131) ergibt für das CD-ROM-Netzwerk - natürlich, möchte man sagen - einen höheren Wert als für den Einzelplatz. Dies trifft vor allem auf die Erreichung der Benutzergruppen zu. Bei dem heutigen Wissensstand der Erforschung des Benutzerverhaltens kann davon ausgegangen werden, daß durch den höheren Benutzungskomfort und die bessere Zugänglichkeit mehr Recherchen von mehr Leuten durchgeführt werden. Die Recherche wird angenehmer, da in einer Suchanfrage ein größerer Zeitraum durchforscht werden kann. Die Benutzer müssen nicht wegen jeder neuen Scheibe zur Bedienungstheke laufen. Zusätzliche Information wird durch den automatischen Vergleich mit lokal vorhandenen Zeitschriftentiteln bereitgestellt. Die Einfachheit des Ausdrucks/Downloads wird bei geteiltem Drucker im CD-ROM-Netzwerk mühsamer. Was vorher mit einem Tastendruck zu erledigen war, benötigt im CD-Manager-geführten Netzwerkbetrieb eine Serie von 10-15 Tastendrucken. Dies dürfte sich aber mit dem stark erhöhten sekundären Lerneffekt die Waage halten.
Das CD-ROM-Netzwerk erreicht wahrscheinlich eine Zielwertsumme, die zwischen der des CD-ROM-Einzelplatzes und der der Online-vermittelten Recherche liegt. Wird jedoch der bibliotheksinterne CD-ROM-LAN - wie beabsichtigt - an ein Hochschul- und/oder Kliniknetz angeschlossen, und können - im zweiten Schritt - alle Hochschulangehörigen, die das wünschen, sich mit geringem Aufwand (39) dort einloggen und recherchieren, dann wird die Zielwertsumme als Ausdruck des Informationsnutzens die der vermittelten Online-Recherche bei weitem übersteigen.
3.5.2.4. Kosten-Wirksamkeitsverhältnis
Die Relation aus Nutzwert zu Kosten der Recherche, die von LEHMLER (1990, S.132) vorgestellt wurde, ändert sich zu Gunsten des CD-ROM-Netzwerk. Die Papierausgabe als billigste Variante weist den mit großem Abstand geringsten Nutzen auf. Wie alle Untersuchungen zeigen, sinkt die Benutzung des Index Medicus nach Einführung von MEDLINE im CD-ROM-Netzwerk dramatisch ab. Nur eine Randgruppe benutzt ihn weiterhin. Der nur noch leicht höhere Nutzwert der Online-Recherche wird durch weit höhere Kosten erkauft. Auch hier sinkt ja die Benutzung infolge der CD-ROM-Einführung ab und stabilisiert sich dann auf einem niedrigeren Niveau.
Der im Vergleich zum CD-ROM-Einzelplatz höhere Nutzwert des CD-ROM-Netzwerkes verbunden mit (geringfügig) niedrigeren Kosten läßt das Netz aus heutiger Sicht als die Methode der Wahl erscheinen. Das Potential der hochschulweiten Verfügbarkeit sollte nicht außer acht gelassen werden. Inwieweit die Frage der schwankenden Netzwerk-Preispolitik der NLM zu einer, wie Barbara QUINT (1991, S.24) schreibt, "Eliminierung der Kosteneffektivität des LAN-Zugriffs auf MEDLINE CD-ROMs" führt, ist noch unklar (40).