http://www.kulturbox.de/christo/chrono/1993d__d.htm (Einblicke ins Internet, 10/1995)
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© 1995 Christo & Luebbe Verlag
Chronologie des Reichstags-Projektes
September 1993
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Christo und Jeanne-Claude zeigen Rita Süssmuth, Thomas Läufer
und Sabine Saphörster
im Büro der Bundestagspräsidentin eine
Probe des Verhüllungsmaterials
Foto: Wolfgang Volz
September 1993:
Cullen macht erneut einen Versuch, bei dem ehemaligen
SPD-Parteivorsitzenden Hans-Jochen Vogel einen Termin zu besorgen, allerdings
ohne Erfolg. Mit MdB Adolf Roth kann er einen Termin für den 24. September
vereinbaren.
8. September 1993:
Sir Norman Foster legt seinen Umbauterminplan vor.
Daraus wird ersichtlich, daß ab November 1994 eine Asbestsanierung, die
ungefähr vier bis fünf Monate dauern kann, vorgesehen ist. Erst
danach kann mit dem Umbau begonnen werden. Es sieht also so aus, daß als
realistischer Termin für die Ausführung des Projekts die Zeit um
April 1995 ins Auge gefaßt werden könnte.
18. September 1993:
Cullen vereinbart einen Termin mit Hans-Jochen Vogel
für den 20. September, 8.15 Uhr.
20. September 1993:
Das Gespräch mit Hans-Jochen Vogel findet
statt. Am Ende sagt er, Christo habe es geschafft, seine anfänglichen
Bedenken auszuräumen; er werde sich in seiner Fraktion für das
Projekt stark machen, insbesondere will er mit Peter Struck darüber reden.
Außerdem möchte er sich mit Hans-Dietrich Genscher in Verbindung
setzen. Er ist im übrigen nicht der erste, der erwähnt, daß
Christos Projekt deutlich bessere Chancen haben wird, wenn die Olympia-Werbung
für Berlin scheitern sollte, womit er und fast alle anderen rechnen.
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Christo mit Hans-Jochen Vogel 1993
Foto: Wolfgang Volz
21. September 1993:
Treffen mit dem CDU-MdB Dr. Franz Möller.
Möller hatte sich lange gegen ein Gespräch gesperrt, dann gesagt, man
möge "reinschauen", wenn man im Hause (Langen Eugen) sei. Möller
macht keinen Hehl aus seiner anfänglichen Ablehnung, ist nicht einmal
darüber informiert, daß Christo das Projekt selbst bezahlt. Am Ende
scheint es aber, als sei er kein Gegner des Projekts mehr. Christo hat deutlich
Löcher in seine Abwehr gebohrt.
In dem anschließenden Gespräch mit dem
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Peter Struck erfährt Christo,
daß Struck das Projekt so sehr befürwortet, daß er dafür
öffentliche Gelder auszugeben bereit wäre. Struck möchte
arrangieren, daß Christo das Projekt vor der SPD-Fraktion
präsentiert. Struck wird eine wichtige Säule des Projekts. Christo
führt weitere Gespräche mit Thomas Kossendey (CDU) und Dankward
Buwitt (CDU-Berlin).
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Christo und Peter Stuck, 21. September 1993
Foto: Wolfgang Volz
22. September 1993:
Treffen mit Peter Glotz (SPD) in seinem Büro im
Hochhaus Tulpenfeld und mit Horst Gibtner, dem ehemaligen Verkehrsminister in
der DDR-de-Maizière-Regierung (CDU-Berlin). Glotz ist emphatisch für
das Projekt, will mit anderen in der Partei reden und zeigt über die
Parteigrenzen hinweg Respekt für Frau Süssmuth. Herr Gibtner ist auch
für das Projekt und will bei seinen Freunden, besonders im Osten,
dafür werben. Während des Gesprächs kommt CDU-MdB Werner H.
Skworon vorbei und meint, Herr Gibtner solle sich nicht beschwatzen lassen.
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Christo bei Peter Glotz, 22. September 1993.
Foto: Wolfgang Volz
23. September 1993:
Treffen mit Dr. Werner Hoyer (F.D.P.). Er ist vom
Projekt begeistert, hat in Kalifornien studiert und das Projekt "Running Fence"
aus der Nähe gesehen. Am Abend hält Christo einen Vortrag im
Von-der-Heydt-Museum in Wuppertal. Während des Vortrags kommt die
Nachricht, daß Sydney Austragungsort der Olympischen Spiele im Jahr 2000
sein wird. Berlin geht leer aus. Christos Chancen dürften damit besser
stehen. Peter Struck stößt mit seinem Vorschlag von einer
Präsentation vor der SPD-Fraktion auf Zurückhaltung bei Ulrich
Klose.
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Christo und F.D.P.-Genaralsekretär Werner Hoyer, 23. September
1993
Foto: Wolfgang Volz
24. September 1993:
Treffen mit Gabriele Iwersen, SPD.
25. September 1993:
Christo, Jeanne-Claude, das Ehepaar Volz und Cullen
besuchen das Bündnis 90/Die Grünen-MdB Siegfried Poppe in seiner
Wohnung am Prenzlauer Berg in Berlin. Er ist enthusiastisch für das
Projekt und wird bei seinen Fraktionskollegen dafür eintreten.
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Christo zu Besuch bei Gerd Poppe (Bündnis 90/Die Grünen) in
dessen Wohnung am Prenzlauer Berg Berlin am 25. September 1993
Foto: Wolfgang Volz
26. September 1993:
Auf Einladung des Berliner CDU-MdB Jochen Feilcke
hält Christo einen Diavortrag im Reichstag. Feilcke möchte sich
allerdings in der anschließenden Diskussion, welche sehr positiv
verläuft, selbst nicht festlegen. Interview mit Felix Schmidt für das
FAZ-Magazin. Abendessen mit Roland Specker bei "Fofi". Im Anschluß
daran gehen Jeanne-Claude, Christo und die Freunde zum Hilton-Hotel, wo die
Gruppe - durch "Talk im Turm"-Produzent Felix Schmidt arrangiert - den
Fraktionsvorsitzenden der F.D.P., Hermann Otto Solms, kennenlernen kann und ihm
das Projekt bei der Nachrunde im Weinkeller erläutert. Herr Solms hat gar
keine andere Wahl als zuzuhören. Dies war deswegen wichtig, weil er sich
seit mehr als einem Jahr einem Termin mit Christo erfolgreich entzogen hatte,
seine Einstellung zum Projekt aber durchaus Einfluß auf die Fraktion
haben mußte. Er verspricht, das Projekt in der Fraktion zu diskutieren
und meint, die Chancen des Projekts würden nach einer Festlegung des
Umzugstermins sicher sehr gut stehen. Man hat das Gefühl, das, was machbar
war, erreicht zu haben. Am nächsten Morgen frühstückt Solms mit
Felix Schmidt und fragt ihn, wie denn Christo gestern Abend in diesen
Weinkeller kommen konnte. Schmidt erwidert: "Einfach die Treppe herunter und
durch die Tür."
27. September 1993:
Die Christos fliegen zurück nach New York.
29. September 1993:
Auf Einladung von CDU-MdB Grotz treffen sich um
17.00 Uhr im Bundestagsrestaurant die MdB Dr. Sissy Geiger, Dr. Norbert
Lammert, Thomas Kossendey, Ronald Pofalla, Susanne Rahardt-Vahldieck, Wolfgang
Schulhoff, Stefan Schwarz, Claus-Peter Grotz, Sabine Saphörster mit
Wolfgang Volz und Herrn Canzler vom Büro Scharrenbroich. Die Idee ist, so
bald wie möglich eine Präsentation vor der CDU-Fraktion zu
organisieren, am besten für den selben Tag, an dem die SPD dies machen
möchte. Man spürt unter den Abgeordneten aber auch etwas Ungeduld,
alle wollen schneller vorankommen. Volz erfährt von Manfred Richter,
daß Solms' Widerstand gebrochen sei. Richter: "Ich bin froh, denn Sie
haben den größten Brocken in der Ablehnungsgruppe unserer Fraktion
geknackt."
30. September 1993:
Es wird bekannt, daß Herrn Pfeifers Brief an
Herrn Nothelfer vom 15. Juni nicht die Sichtweise des Kanzlers wiedergibt.
Unsere Liste der Abgeordneten enthält nur 75 Namen.
© 1995 Christo & Luebbe Verlag
Text HTML-edited by Oskar Schirmer